Aus 5 mach 6…

…eigentlich ja sogar 7, Cookie mit eingerechnet;-)

Nach etwas über zwei Jahren in Peking sind wir seit dem 11. Juli 2017 nun um ein Familienmitglied reicher. Unsere Keni 可妮 (ein Name bestehend aus zwei chinesischen Zeichen: das erste steht für „süß“ und das zweite für „Mädchen“) hat sich aufgemacht uns mit ihrer kleinen, manchmal auch etwas lautstarken Anwesenheit zu verzücken. Ein Mädchen aus Linus seiner Klasse heißt Keni und ich hab ihre Mama gefragt, ob sie einverstanden wäre, wenn unser Baby ihren Namen bekommt. Das hat vor allem die Mama sehr gefreut. Als sie mir dann noch erklärte, was der Name in chinesischen Schriftzeichen bedeutet, war die Entscheidung gefallen!

Geboren ist Keni in einer internationalen Klinik in Peking, unter Aufsicht einer amerikanischen Ärztin und vielen Chinesen…wie immer VIELE!!! Keine Ahnung wer die alle waren. Man muss schon froh sein, wenn man sich nicht in irgendwelchen sozialen Netzwerken wieder findet. Selbst im Krankenhaus bingt und klingelt das Handy jeder Krankenschwester pausenlos. Schon als ich wegen meiner Eiseninfusionen regelmäßig hin musste, war ich froh, wenn sich die Krankenschwester ohne Handypause mal kurz nur auf die Infusion konzentrierte. Mittlerweile hat man sich ja daran gewöhnt und auch ich glotze auch ständig auf das Ding. Man braucht eigentlich auch nichts anderes mehr in der Handtasche. Auch bezahlen am winzigsten Obststand ist kein Problem mehr. Zurück zum Thema: Ich hatte mir ja echt einiges einreden lassen. „Die Klinik sei wie ein Hotel, die Behandlung ist super….“ Also ich weiß nicht, ob ich woanders gelandet bin oder ob ich wie immer zu hohe Ansprüche hatte…Geburt ist Geburt auch wenn es im Krankenhaus aussieht wie im 5-Sterne Hotel. Vor allem Lars bin ich wie immer sehr dankbar, dass er das nun zum vierten Mal mitgemacht hat.

Auf jeden Fall versuche ich mich auf das Endergebnis zu konzentrieren. Wir haben ein viertes gesundes Kind und noch dazu mit roten Haaren…ganz der Papa!

Wie schon in meinem letzten Blog über Schwangerschaft, kann ich nun auch bestätigen, dass nicht nur die Schwangerschaft, sondern auch die Geburt und was folgt hier  definitiv anders ist als in Deutschland. Als wir ins  Krankenhaus kamen, durfte ich mich entscheiden, ob ich die chinesische Art oder die westliche bevorzuge. Etwas verwundert fragte ich nach dem Unterschied. Es ist hier tatsächlich noch so, dass das Baby direkt nach der Geburt der Mutter weggenommen wird, um der Mutter die nötige Ruhe zu gönnen. Übrigens bekommt jedes Baby aus Sicherheitsgründen auch erstmal eine „elektronische Fußfessel“ um. Wie es dann weitergeht und wann das Kind dann das erste mal bei der Mutter landet, weiß ich nicht. Für mich käme so etwas nie in Frage und ich fand es schon schlimm genug, dass die Krankenschwestern ewig nicht aus dem Zimmer gingen und immer wieder etwas wollten.

Weil wir gerade beim Thema sind: ich kann mal wieder von einem Trend berichten, den ein paar geschäftige Chinesen ins Leben gerufen haben. Eigentlich sind sie ja ziemlich stolz auf ihr Land, andererseits spielt Geld eine nicht unwesentliche Rolle. Es wird also viel dafür getan, dass der Nachwuchs möglichst aus der Masse heraus sticht. Ein neuer Weg um dies zu erreichen, sind Agenturen mit denen man für viel Geld schwanger in die USA geflogen wird, dort mit vielen weiteren Schwangeren in Wohnanlagen untergebracht und einen Monat nachdem das Baby auf der Welt ist, fliegt man wieder zurück nach China. Warum das Ganze? Nun ja, der neue Erdenbürger soll Amerikaner werden, weil man sich davon bessere Bildungschancen erhofft. Der Nachteil: diese Kinder können nicht durch das öffentiche chinesische Gesundheitssystem versorgt werden, sondern müssen immer privat versichert sein und sie können auch keine öffentliche chinesische Schule besuchen, sondern nur die teuren internationalen Schulen. Fazit: solange man genug Geld hat, ist das alles kein Problem, aber kurzsichtig gedacht ist es schon.

Wir müssen uns nun wieder einmal neu organisieren. Das Fahrrad ist halbwegs „babytauglich“ gemacht, die Ferien sind vorbei und seit einer Woche sind wir wieder „on the road!“ Ich hatte in den letzten Wochen wirklich etwas Panik bekommen und wusste nicht, ob und wie das alles funktionieren würde. Um so glücklicher bin ich, dass es funktioniert. Sicherlich mal schlechter, mal besser… Schule, Kindergarten, Cookie, stillen immer und überall, Freizeitstress. Die Kinder waren drei Wochen allein in Deutschland und genossen das Paradies auf Erden. Gute deutsche Bäckerbrötchen, unbeschwert draußen herumtoben, Ausflüge…alles was man so vermisst. Wir haben ihnen das sehr gegönnt und sind allen wahnsinnig dankbar, dass sie ihnen dies ermöglicht haben. Trotzdem konnte ich erst wieder glücklich sein, als die Kinder wieder bei uns waren. Genießen konnte ich die Zeit leider wirklich nicht. Ohne alle Kinder ist alles nur halb so schön. Auch Keni scheint keine Probleme damit zu haben, dass nun fast den ganzen Tag Programm ist. Ganz deutlich ist mir diesmal auch aufgefallen, wie wichtig und wohltuend die Deutsche Community hier ist. Wenn man die acht Wochen Sommerferien komplett hier ist, ist man quasi allein unter Chinesen und da ich der Sprache immer noch nicht mächtig bin, ist man recht einsam. Jetzt sind alle wieder da. Man kennt sich, grüßt sich, redet kurz oder lang, interessiert sich füreinander. Alle sitzen im selben Boot! Eine sehr wertvolle Erfahrung. Lars hat übrigens die drei Wochen Ruhe etwas mehr genossen, aber er arbeitet ja auch. Ruhe haben wir hier in China ansonsten wirklich nicht. Ich frage mich, neben all den Diskussionen und Gedanken die wir uns wegen dem Smog machen, ob nicht auch die andauernde Lautstärke, die pausenlose Huperei etwas mit einem Baby machen können oder ob es dadurch einfach stressresistenter wird? Jeder Spaziergang ist anstrengend für alle Beteiligten, denn Rücksicht oder Achtsamkeit sind nicht gerade chinesische Stärken. Mit dem Kinderwagen unterwegs zu sein ist schon meist eine Herausforderung. Denn wenn nicht völlig wild gepflanzte Bäume oder quer über den Gehweg geparkte Fahrzeuge uns den Weg versperren, dann sind es die tausenden Leihfahrräder die seit ungefähr Anfang des Jahres die Gehwege, Straßenränder, einfach jeden Meter säumen. Egal wo man hinschaut, man sieht immer eines. Das System ist einfach. Man meldet sich mit dem Telefon innerhalb kurzer Zeit an, scannt einen Code der sich am Rad befindet, das Schloss öffnet sich und los geht es. Es kostet fast nichts und man stellt das Fahrrad ab wo man möchte. Vor allem darin sind die Chinesen besonders gut. Man kommt kaum noch zur U-Bahn Station, weil natürlich direkt bis zur Rolltreppe gefahren wird. Mit den Kindern ist es für mich natürlich noch ein Stück nervenaufreibender, weil wir oft auf die Straße ausweichen müssen. Aber auch daran werden wir uns gewöhnen.

Nun hat erstmal der fast ganz normale Alltag für uns begonnen (so ganz langweilig ist es ja nie sobald man vor die Tür tritt). Linus besucht nun schon die 3. Klasse, Gwen die Vorschule an der Schule und für Mieke haben wir entschieden, dass sie nun auch etwas mehr Deutsch hören soll. Sie hat Gwen`s Platz in ihrer „alten“ Gruppe übernommen und ist nun ein Buskind. Der Abschied von Mieke`s altem Kindergarten fiel mir natürlich schwerer als ihr, denn nach fast zwei Jahren hatte ich mich doch sehr an das chinesische System gewöhnt. Der Freiraum und einfach mal spielen zu können, wird ihr im Deutschen Kindergarten sicherlich gefallen…und dass sie die Erzieher und Kinder immer versteht! Mal schauen wie es weitergeht…

 

 

 

Ein Gedanke zu “Aus 5 mach 6…

  1. Liebe Andrea,

    Ben schien ein Gespür zu haben – erst gestern hat er mir erzählt, dass er ja so lange Linus nicht gesehen hat….und heute kommen neue Zeilen von Euch.

    Wir verbringen gerade unseren Wohnwagenurlaub in Schweden. Kein echtes Sommerwetter aber ein tolles Erlebnis in einem echt entspannten Land. Die Kinder geniessen die Freiheit der Zeltplätze und finden immer deutsche Kinder, da die Schweden ja schon in der Schule sind 🙂 und dazu noch viele Bayern. Wir sind gerade in einem tollen NP – Tiveden – wandern Kanufahren, im See baden (ausser ich – ist mir zu kalt)

    In den nächsten Tagen geht es noch zu Astrid Lindgren und in der Zwischenzeit hören die Kinder so oft es geht Michl aus Lönneberga…. Ich freu mich auf das nächste Skypetelefonat – bis dahin ganz liebe Grüße an die Grossfamilie!!

    Jana

    Hier am See

    Krabbenfangen an der Westküste

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