Peking macht mobil – wir sind dabei!

Liebe Leserinnen und Leser,

ich muss ja schon sagen, dass ich ein echter Schisser auf der Straße bin und selbst in München oft lieber einen Umweg mit dem Radl fahre, um so ungestört wie möglich fahren zu können. Autofahren war die letzten Jahre für mich fast ganz tabu.

Bevor wir nach China gekommen sind und mit eigenen Augen sahen, dass der Fahrstil hier sehr gewöhnungsbedürftig ist, schwor ich mir, dass ich mit den Kindern auf jeden Fall nur die Metro nehmen und zu Fuß gehen werde.

Nachdem es allerdings schon die ersten Tage nervte, die Kinder stundenlang durch die Stadt zu schleifen (zum Unmut der Kinder und Lars bin ich auch leider kein Freund von Taxifahrten, sondern von Bewegung;-) kauften wir ihnen Scooter, um ihnen die Wege zu erleichtern.

Wie es so ist, und auch da die Gegebenheiten auf den Wegen einfach nicht gerade optimal für so kleinrädrige Gefährte sind, kam es in letzter Zeit vermehrt dazu, dass die sowieso immer bepackte Mama, dann auch noch zwei Scooter schleppen durfte, da die Kinder plötzlich wieder das Gehen bevorzugten. Ich muss zugeben, mit dem rasanten Wandel auf Chinas Straßen merkt man deutlich, dass der meiste Aufwand für die vielen Autos der Stadt betrieben wird. Es gibt ja wirklich riesige Radwege, die oft mindestens eine Fahrbahn breit sind. Da die Stadt aber mehr und mehr von Autos eingenommen wird, werden diese Radwege kurzerhand von Autos mitbenutzt. Man sieht also vor allem zur rush hour hupende Autos Fahrradfahrern hinterher tuckern, wobei sich Radfahrer lustigerweise oft null davon beeindrucken lassen. Ich mit meinem vergleichsweise riesigen luftbereiften Buggy werde jeden Tag an irgendeiner Stelle vor Herausforderungen gestellt, weil Fußwege zu allem möglichen umfunktioniert werden. Zum Beispiel da wo Bäume fein angeordnet am Weg gepflanzt sind, werden diese kurzerhand als Parkplatztrennungen benutzt und Autos stehen plötzlich mitten auf dem Gehsteig.

Auf jeden Fall fing ich an zu überlegen, was es noch für Möglichkeiten gäbe, sich schneller fortzubewegen. Ein Cargo-Tricycle. Im Gegensatz zu den meisten Gefährten hier, hat dieses Rad eine Kiste vorm Lenker angebaut, in die man gut alle Kinder „reinpacken“ kann und diese dann mit echter (wo)manpower vor sich herschieben kann. Da man hier so etwas nicht auf der Straße bekommt, suchte ich herum und fand einen chinesischen Hersteller im Internet der die Teile eigentlich nur nach Europa vertreibt. Nach ein paar Verhandlungen und mit der Hilfe von Lars seinem Kollegen und nicht zu vergessen nachdem Lars in schwerster Handarbeit das gute Stück zusammengebaut hat, konnte ich nun bereits zum ersten Mal die Kinder mit unserer Postkutsche (weil gelb) in den Kindergarten fahren. Meine große Hoffnung ist einfach, weil das Gefährt so auffällig ist und die Kinder vorn sitzen, dass wir dadurch nicht umgefahren werden.

Die Schlangen teilweise an Münchens Ampeln sind ein Witz gegen das hier. Einzig positiv – selbst wenn die Ampel wieder auf rot schaltet, während sich die Massen über die Straße bewegen, fühlt man sich im Pulk von Menschen recht sicher.

Ich sollte vielleicht noch betonen, dass alles was ich hier schreibe mein persönlicher Eindruck ist. Ich habe auch schon Leute kennengelernt, die es lieben hier zu fahren. Auch Lars findet es natürlich nicht schlimm und meint, dass hinter dem scheinbar Systemlosen ein System steckt. Er hat auch vor Kurzem gelesen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit in Peking bei 14 km/h liegt (ich unterbiete das hundert pro mit meiner Kutsche;-). Aber he, als Letzter gehört einem manchmal kurz sogar der ganze Radweg!!!

Nicht vergessen darf ich natürlich in dieser Rubrik Lars seinen Elektroscooter, der wenn es gut läuft, bis zu 30 km/h schafft. Not bad! Aber auch hier darf man nicht zu viel erwarten. Die ersten Tage musste er gleich mehrfach den Laden wieder aufsuchen, so lange, bis er dann doch einen neuen bekam. Mal sehen wie lange der mitmacht. Und so düst er früh mit dem Teil zur Metro und genießt ein wenig den Status Ausländer zu sein, denn die U-Bahnwachen scheinen sich nicht zu trauen ihm die Mitnahme zu verbieten.

Sein letztes Projekt „Führerschein“ ist auch abgehakt und so können wir im Urlaub, hoffentlich ganz entspannt, die Umgebung mit dem Auto erkunden.

Auch die Kinder sind nochmal um ein Fahrzeug reicher geworden. Aufgrund der Rollerprobleme und weil die Kinder im Park nebenan schön mit ihren Rädern fahren können, habe ich meine Panik kurz beiseite gelegt und wir haben nun doch Fahrräder gekauft. Kost ja nüscht! Und so sind wir in der Samstagabenddämmerung 12 km quer durch die Stadt gedüst und haben die erste große Radtour ohne Unfall überstanden, aber natürlich nicht ganz ohne mein mütterliches Herzrasen;-)

Auf jeden Fall ist hier fast jedes Fahrzeug ein Bild wert. Männer auf pinken Hello Kitty Rollern, Fahrräder von vor 100 Jahren, während daneben Ferrari, Bentley, Rolls Royce fahren. Natürlich sind auch die üblichen deutschen Verdächtigen hier ein Statussymbol. Da kann Deutschland schon stolz sein, dass Made in Germany sogar hier einen so hohen Status genießt!

Fazit: Es gibt hier einfach immer was zu sehen!!!

5 Gedanken zu “Peking macht mobil – wir sind dabei!

  1. Hallo. Toll wie du wieder schreibst. Und ein super Gefährt hast du da. Den Kids wird es wohl sicher richtig Spaß machen. Ganz liebe grüße aus dem 40 Grad heißen weinböhla

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    1. Die Kinder genießen es auf jeden Fall kutschiert zu werden. Von Linus kommen dann Kommentare wie: “ He Mama, alle überholen uns!“ oder „Du wolltest ja unbedingt das Rad ohne Motor!“
      Genießt die Hitze! Hier soll es wohl auch noch heißer werden, obwohl ich sagen muss, ich finde es toll mich wochen- und monatelang ohne Jacke fortzubewegen. Bei 20°C friere ich mittlerweile. Der Winter wird hart für mich;-)

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  2. Hallo, uns hat bisher jeder Beitrag von euch fasziniert. Erst wird alles gelesen, dann kommt das andere dran. Schön ist, dass ihr uns auch über die möglichen Fortbewegungsmittel informiert. Toll! Liebe Grüße aus Weinböhla
    Gabi, Helmut, Michael und Kimmi

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