Chinese New Year: Das zweite

 

Meine lieben Leserinnen und Leser, liebe Freunde, Verwandte und Bekannte,

wir wünschen allen ein fantastisches Neues Jahr im Zeichen des Hahns und zugegebenermaßen auch vermehrt uns selber, da es für uns auch einiges Neues bringen wird. Zunächst können wir so gut wie sicher verkünden, dass wir wohl auch noch ein drittes Chinesisches Neujahr hier in China verbringen werden, auch wenn ich zugeben muss, dass die letzten Wochen nicht die leichtesten waren und mir der kalte und smogverseuchte chinesische Winter wieder einmal ziemlich zusetzt. Andererseits weiß ich genau, dass ich im sicherlich schön verschneiten Deutschland auch immer etwas zu meckern hätte! Die Weiber halt…würde Lars jetzt sagen;-) Leider hilft mein Flehen und Betteln nichts! Lars will einfach nicht mit mir irgendwo in die Hitze auswandern und ich muss zugeben, wenn man die funkelnden Augen von den Kindern sieht, wenn sie irgendwo ein Häufchen Schnee entdecken, dann möchte man ihnen das auch nicht nehmen und dann tut es mir schon Leid, dass wir hier wesentlich eingeschränktere Möglichkeiten als in Bayern haben, wo Linus jede Woche mit Wolfi’s Skibus in die Berge düste! Wie auch immer…wir sind hier und nicht woanders.

Auf jeden Fall bedeutet Chinese New Year auch immer, dass das Leben in Peking für zwei Wochen komplett stillsteht und man sich von den Menschenansammlungen her mal fast wie in Deutschland fühlt. Die Stadt ist wie leer gefegt, ein unglaubliches Phänomen! 50 Prozent der Bewohner dieses Molochs machen sich aus dem Staub (im wahrsten Sinne des Wortes;-)!!! Letztes Jahr waren wir ja ein paar Tage mehr Skifahren, aber weil Lars etwas Urlaubstage sparen muss, entschieden wir uns für ein paar Tage „Ruhe“ in Peking und drei Tage Skifahren in Nanshan, einem süßen Mini-Skiresort nur rund 60 km von Peking entfernt. Man muss ja schon auch mal sagen, dass man fast ein bissl out ist, wenn man in den Ferien nicht gerade auf die Philippinen, nach Bali, Kuala Lumpur, Thailand, Kambodscha, Malaysia, Australien, Singapur oder wo sonst noch hin fliegt! Die Möglichkeiten von hier aus sind grenzenlos und das Geld sitzt natürlich auch bei den meisten locker! Je länger man hier ist, desto mehr möchte man am liebsten sehen und erkunden. Trotzdem wussten wir, dass drei Tage Skifahren für die Kinder immer noch etwas ganz besonderes sind und damit auch sicherlich kein Strand oder Sightseeing-Tour mithalten kann. Zum Glück gibt es außerdem immer wieder neue Ausflugsziele und Tipps in und um Peking, so dass wir am Ende einiges unternehmen konnten. Doch als erstes war da ja die Neujahrsnacht, die wir letztes Jahr nicht in Peking erlebten. Durch die extreme Smogbelastung der letzten Wochen gab es dieses Jahr nun noch strengere Auflagen für den Innenstadtbereich und so war es schon mal gar nicht so leicht an Feuerwerk zu kommen. Letztes Jahr standen an jeder zweiten Ecke noch Verkaufsstände; dieses Jahr wurde alles nach außen verlegt und stark reduziert. Aber ob nun Chinesisch oder Deutsch, was wäre Neujahr feiern ohne Knaller. Linus und sein Kumpel konnten es kaum erwarten und das Gute hier ist ja, dass man mindestens eine Woche knallern kann, bzw. eigentlich immer ohne es anmelden zu müssen. Wir mussten also niemanden bis Mitternacht wachhalten, denn ab ca. 19 Uhr ging es eh rund. Durch die vielen Häuser schallte und hallte es und ich fragte mich mal wieder, ob es wirklich sinnvoll ist so eine eher kriegsähnliche Atmosphäre zu schaffen. Wenn man den geschichtlichen Hintergrund kennt, klingt es allerdings dann doch wieder nach einem „Sinn“, dass es so laut sein muss. In einer der Überlieferungen heißt es, dass ein Biest namens Nian immer am Ende eines Mondjahres zu den Dorfbewohnern kam und diese terrorisierte. In einem Jahr ließen ein paar junge Schäfer ihre Peitschen knallen (übrigens ein anerkannter Sport unter den älteren Chinesen, der einen jedes Mal wieder kurz aufschrecken lässt, wenn man im Park unterwegs ist). Auf jeden Fall wurde das Biest durch die Lautstärke vertrieben und so fing man an dieses Jahr um die Zeit Feuerwerke hochgehen zu lassen, um die Wiederkehr des Ungeheuers zu verhindern. Tatsächlich war es wirklich der Wahnsinn wie laut es ab Mitternacht war und vor allem, wie rasant sich die Luft so sehr verschlechterte, dass es nicht einmal mehr die Messstationen aufzeichnen konnten. Da die schlechte Luft natürlich auch am kommenden Tag in der Stadt fest hing, zwang dies uns die Stadt zu verlassen und brachte uns zur Drachenschlucht, zu der wir schon im letzten Jahr bei wärmeren Temperaturen einen schönen Ausflug gemacht hatten. Dort findet im Winter ein Eisskulpturen-Fest statt. Wenn man hier lebt fliegen ja viele nach Harbin im Norden, wo jedes Jahr eine ganze Stadt aus Eisskulpturen erbaut wird und das Ganze abends noch wunderschön angeleuchtet wird. Den Flug und die Minus dreißig Grad wollten wir uns und den Kindern allerdings gern ersparen und so kam uns der Tagestrip ganz gelegen. Anlässlich des Chinese New Years gab es an jeder Ecke Knallerbsen für die Kinder zu kaufen und so wurde ihnen der Weg vom Parkplatz zum Park auch nicht zu lang. Es war eine gute Entscheidung. Es gab einen zugefrorenen Teich auf dem die Kinder stundenlang hätten herumrutschen können und die Halle mit den Eisskulpturen war wirklich beeindruckend und reichte uns, vor allem weil die Kälte recht erträglich war. Als wir langsam den Rückweg antraten wurde das ganze Gelände noch standesgemäß Chinesisch bunt angeleuchtet.

Unser nächster Ausflug brachte uns zu einer traditionsreichen „Temple Fair“ in einem Park in Peking. Soweit ich weiß finden die Temple Fairs eine Woche lang an Chinese New Year statt, sind völlig überladen mit den 50 Prozent Einwohnern Pekings, die nicht das Weite gesucht haben, bieten Essen, Souvenirs und Vorstellungen und sind doch nicht das, was man erwarten würde. Wie immer wirkt alles etwas steif und unliebevoll. Die Pekinger stört das nicht und das ist ja die Hauptsache. Wir waren einfach nur froh, als wir irgendwann einen Ausgang fanden und vor allem waren wir erstaunt über ein Plakat am Ausgang, welches Bilder vom Loveparade-Unglück in Duisburg zeigte und scheinbar etwas abschreckend auf die ständig drängelnden Chinesen wirken sollte. Aber mal ganz ehrlich: in dieser Hinsicht muss ich nun wirklich sagen, dass die Chinesen die egoistischsten Menschen sind, die ich jemals erlebt habe. Sich anstellen oder irgendwo auch nur ganz, ganz kurz warten ist einfach nicht drin! Das Gute ist, wenn man einfach genauso frech ist, würden sie auch nichts machen….das wissen sogar schon unsere Kinder (und es wird ein harter Umgewöhnungsprozess in Deutschland) !!!

Am nächsten Morgen starteten wir sehr früh zu unserem Skiabenteuer in Nanshan, welches uns für die drei Tage auch tatsächlich sehr zufrieden stellte. Klein und nicht sehr fortgeschritten, allerdings voll mit Schanzen und Hügeln, was natürlich Linus und mittlerweile auch Gweni viel Freude bereitete. Diesmal hatten wir den Kindern vorher noch gebrauchte Ski gekauft, um uns Extrakosten für geklaute Ski, wie im letzten Jahr, zu ersparen. Und…ich kann mit stolz verkünden, die Ski sind noch da!!! Das Skigebiet ist wahnsinnig klein, vor allem von der Ferne betrachtet. Drumherum ist alles grün und es werden Erdbeeren und natürlich jegliche Skiausrüstung am Straßenrand verkauft. Wieder einmal typisch Chinesisch. Während sich die meisten Deutschen nur topp ausgestattet schon zum Rodelerlebnis ausrüsten, kommt der Chinese gewohnt lässig daher. Jeans oder Jogginghose, Halbschühchen, Jäckchen! Also noch schnell Skihose, -jacke, Handschuhe und Mütze am Straßenrand gekauft! Immer wieder ein Erlebnis! Mieke und ich vertaten uns mit Schlittenfahren und zu Fuß die Umgebung erkunden. Wahrscheinlich hätten wir Mieke auch schon auf Ski stellen können; sie war hoch motiviert, aber irgendwie vertrauen wir den chinesischen Skilehrern doch nicht ganz so wie den deutschen oder österreichischen.

Auf jeden Fall sind wir gespannt, was das Jahr des Hahns für uns bereithält…..

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