Winter und Smog

Nun trifft es uns wirklich hammerhart. Mit AQI-Werten an die 600 fühlt sich der ganze Tag an wie Weltuntergang. Es wird einfach nicht hell. Die Stadt liegt in einer bräunlichen Dunstwolke. Autos haben die Lichter an, sonst würde man sie kaum erkennen. Es ist wirklich das erste Mal, dass Rad- und Fußwege fast menschenleer sind. Selbst bei der eisigen Kälte von letzter Woche mit Schnee und Eis, haben sich mehr Menschen raus gewagt. Selbst einige Büros bleiben geschlossen, damit die Menschen nicht raus müssen (von Schulen habe ich allerdings nichts gehört…die Kinder haben ja noch gute Lungen!!!)Man hat das Gefühl, während der Präsident beim Weltklimagipfel in Paris versucht Chinas Bemühungen um eine saubere Luft darzulegen, versuchen alle smogproduzierenden Unternehmen hier nochmal schnell die Sau raus zulassen, bevor Xi Jinping mit hoffentlich grandiosen Ideen und Vorsätzen zurückkehrt. Natürlich müsste ich kurz überlegen, wenn mich jemand vor die Entscheidung stellen würde: Smog oder eine warme Wohnung (obwohl ich auch infrage stelle, dass dieser Smog nur von den Heizkraftwerken stammt)!

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Nachtschicht!

 

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Bunte Fensterbilder wären jetzt angebracht 😉
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Sieht lustiger aus als es an dem Tag ist 😦
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Erschreckend wie viel Dreck man ohne Maske an diesem Tag einatmen würde!

Der  Sommer war so toll! Alle lobten die beachtliche Verbesserung der Luft. Das muss doch auch im Winter möglich sein!!!

Der Blick auf das Windradar zeigt für den nächsten Tag stärkeren Wind an! Dieser wird den ganzen Dreck hoffentlich auf immer wegblasen…

Wie schon erwähnt trifft es uns diesen Winter scheinbar besonders hart. Im Gegensatz zu Deutschland, wo es ja wohl den wärmsten November überhaupt gab, hatten wir hier die Ehre den kältesten und unangenehmsten zu erleben. Es war entweder hundekalt (nachts zweistellig im Minusbereich)! Selbst meine Kutsche war für eine Woche eigentlich out of order. Bremse und Gangschaltung eingefroren, ging es in Decken eingepackt los. Das Gute sind die drei Räder. Wir konnten nicht hinfallen. Besonders leidet man mit den vielen Menschen die den ganzen Tag draußen sitzen müssen, während ich mich nach einer Stunde draußen wieder drinnen aufwärmen kann. Egal ob der freundliche Wächter am Eingang der uns und unserer Kutsche immer das Tor aufmacht, die vielen Straßenverkäufer die völlig ungeschützt an der Straße stehen oder die Straßenkehrer und Parkplatzwächter oder die Lieferdienste, die den ganzen Tag in ihren offenen Fahrzeugen herumfahren. Sie alle lassen uns schlecht fühlen, denn wir müssen ja meist nicht zwingend rausgehen, wenn es uns zu kalt ist. Sie sind wahrscheinlich einfach nur dankbar einen Job zu haben. Ich gebe zu, dass ich mich nicht mit dem chinesischen Arbeitsrecht auskenne, aber ich glaube dass diese Menschen mehr als einen 8 Stunden Tag arbeiten. Selbst Lars kann es nur schwer ertragen, die Autowäscher am Straßenrand ohne Handschuhe ihren nasskalten, wahrscheinlich gefrorenen Lappen schwenkend, zu sehen. Immerhin sind bei Minustemperaturen und vor allem bei matschigem Schnee, mal wieder der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Mit Plastiktüten an den Füßen (macht sich super, wenn es glatt ist!) und in Mülltüten eingehüllt, geht es los.

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Unsere Kutsche ist am Morgen ganz eingeschneit
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In der Fantasie kehrt da Hexe Baba Jaga – in Wirklichkeit ist es ein in Mülltüten eingehüllter Parkmitarbeiter
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Die Kinder finden’s natürlich toll!

Was man hier doch auch realisiert und etwas vermisst, ist die Einstimmung auf Weihnachten. Hier und da, vor allem vor Einkaufsmärkten werden schon Weihnachtsbäume aufgestellt und sogar kleine Holzbuden, aber traditionell gibt es das ja nun mal nicht. Ich freue mich deshalb schon auf die Pracht an Herrnhuter Sternen zu Hause;-) Angenehm hier ist es allerdings wiederum, dass wir nicht schon seit September Lebkuchen kaufen müssen;-) Letztes Wochenende konnten wir zumindest einen schon sehr deutschen Weihnachtsmarkt genießen. Dieser fand auf dem Gelände der Deutschen Botschaft statt. Gut besucht, mit Musik und vielen Ständen mit Essen, Trinken und kleinen Geschenkideen. Eine gelungene Veranstaltung. Schön fand ich, dass der Großteil der Erlöse an zahlreiche Hilfsorganisationen gespendet wird. Ich finde sowieso, dass sich die Deutsche Community viel einbringt! Schon aus diesem Grund wäre wohl die Schlange auch bei noch höheren Preisen am Glühweinstand nicht kürzer gewesen;-)

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Dieses Jahr ohne Pyramide, aber mit Pfefferkuchenhaus

Kurzes Update: Da ich es am Smog-Tag nicht geschafft habe, diesen Text fertig zu schreiben, kann ich nun voller Freude berichten, dass in derselben Nacht, wie verhext, innerhalb von zwei Stunden der Smog weggeblasen war. Ein beeindruckendes Phänomen! Nun pfeift uns wieder ein eisiger Wind um die Ohren, aber wir atmen trotzdem tief durch!!!!

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